Digitale Blog-Posts des Museums für Kommunikation

Ein Gastbeitrag von Laura Heyer, Mitarbeiterin des Museums für Kommunikation in Bern
Museen erhalten Objekte für die kommenden Generationen. Sie sind damit etwas zutiefst Analoges – und doch spielt auch hier die Digitalisierung auf mehreren Ebenen eine sehr bedeutende Rolle. Gerade bei einem Museum, dessen Stifterinnen das Schweizer Telekommunikationsunternehmen Swisscom und die Schweizerische Post sind. Wöchentlich erscheint bei uns mindestens ein neuer Beitrag auf unserer Website. Zu Wort kommen dabei alle aus unserem Team. Ich zeige hier eine kleine Auswahl der Blogbeiträge, die sich um das Thema Digitalisierung drehen. Was ein Albumtitel von Falco, die Ukraine und Küssen damit zu tun haben? Lesen Sie selbst. Herzlich willkommen bei den digitalen Blogs des Museums für Kommunikation in Bern.
Museumsobjekte erzählen von der Digitalisierung
Wenn unsere Kommunikator:innen durch unsere Kernausstellung führen, bleiben sie oft an einem riesigen Metallschrank stehen, der ERMETH. Die Abkürzung steht für Elektronische Rechen-Maschine der Eidgenössisch Technischen Hochschule Zürich. Wenn es um historisch-technische Museumsobjekte geht, schreibt Juri Jaquemet, Sammlungskurator Informations- und Kommunikationstechnologie, gerne Blog-Beiträge und erzählt deren Geschichten.
Noch während des Zweiten Weltkrieges rechnet die Schweiz analog. Mit der Gründung des Instituts für Angewandte Mathematik an der Zürcher Hochschule beginnt 1948 im Alpenland das Zeitalter der programmierbaren Rechenautomaten. Institutsleiter Professor Eduard Stiefel reist mit Kollegen zu den Computerpionieren in die USA. Er publiziert 1951 die Erkenntnisse und erregt damit internationales Aufsehen – vor allem aber hat er sich das Fachwissen für den Bau eines digitalen Rechengerätes geholt. Trotz vieler Probleme beim Bau des Riesencomputers – mit Lieferanten und Abwerbungen durch IBM – wird dieser 1958 in Betrieb genommen und ist bis 1963 fast pausenlos im Einsatz.
Hier geht’s zum Blog-Post „ERMETH – Computer made in Switzerland“ von Dr. phil. Juri Jaquemet.
Heute steht die ERMETH im Museum für Kommunikation in Bern. Für diese Aufnahme wurde der Computer extra freigestellt. Mittlerweile steht der Rechner in der Zone Datacenter der neuen Kernausstellung. Foto: Museum für Kommunikation, Bern.
Neben diesem Leitfossil der Schweizer Informatikgeschichte, beginnt – ebenfalls in den Nachkriegsjahren – die Geschichte des mobilen Telefonierens in der Schweiz. Radiovox heisst das System und füllt den halben Kofferraum eines Autos. 1978 lanciert die PTT (Post-, Telefon- und Telegrafenbetriebe, staatliche Behörde zwischen 1928 und 1998) dann das Nationale Autotelefon – kurz Natel. Das Model A ist als tragbarer Koffer von 15 kg für 10’000 CHF zu haben. Die Geräte werden bald kleiner, billiger und stammen fortan meist nicht mehr aus Schweizer Produktion. Die tieferen Preise ermöglichen es, dass sich die mobile Telefonie im Alltag durchsetzt.
Tragbares Natel A im Koffer: Damit wird die Telefonie in der Schweiz definitiv mobil. Aufnahme Ende der 1970er Jahre. Foto: Museum für Kommunikation, Bern.
Auch in den immobilen Telefonkabinen findet sich in den 1990ern ein erstes Anzeichen der kommenden Digitalisierung: Das Telefonbuch wird durch den Teleguide ersetzt. Ein Gerät, das den Online-Zugriff auf das vollständige Teilnehmende-Verzeichnis ermöglicht. 2002 zählt die Statistik dann für die Schweiz erstmals mehr Mobil- als Festnetzanschlüsse, ab 2007 sogar mehr als Einwohnende – damit beginnt das langsame Ende der Telefonkabinen. In der NZZ plädiert zwar ein Architekt augenzwinkernd für den Erhalt einiger Kabinen als künftige Stationen zum Beamen, aber so weit ist es noch nicht. Und so demontiert die Swisscom, eben gerade von der Telefonkabinenpflicht befreit, 2019 ihre letzte Telefonkabine der Schweiz. Sie steht nun im Depot des Museums für Kommunikation in Bern und bleibt der Nachwelt erhalten.
Digitale Strategie des MfK
Social Media, digitale Besuche, Sammlungsdatenbanken und eine App zur Zeiterfassung – die digitale Transformation ist in allen Bereichen des Museums angekommen. Und die Situation wird zunehmend komplex. Deswegen entwickeln wir seit 2019 auf Führungsebene eine digitale Strategie. Sie soll ein koordiniertes Vorgehen und den Austausch zwischen allen Bereichen etablieren. Christian Rohner, stellvertretender Direktor und Leiter Ausstellungen und digitales Museum berichtet in seinem Blog-Beitrag von den Anfängen.
Die im Februar 2020 öffentlich präsentierte Strategie verfolgt insgesamt drei Ziele: die Präsenz in der virtuellen Welt auszubauen, die kulturelle Teilhabe zu stärken und eben auch das kulturelle Gedächtnis zu fördern.
Unser erstes Ziel der virtuellen Präsenz, also als vernetzte Gedächtnisinstitution zeit- und ortsunabhängig erlebbar zu sein, wird schon einen Monat nach der Veröffentlichung dieser theoretischen Worte anfangs 2020 zum praktischen Muss: «Das Museum ist bis auf Weiteres GESCHLOSSEN» prangt in Grossbuchstaben auf unserer Homepage. Eine Pandemie namens Corona hat das Leben lahmgelegt. Das zwingt uns dazu, einige Aspekte unserer Zukunftsstrategie schnell zu erproben. Bereits zwei Wochen nach der Schliessung begrüsst ein dreiköpfiges Team viermal in der Woche Besuchende per Livestream. Die schnelle Einführung dieses neuen, digitalen Formats ist nicht einfach, denn in unserem Team hat niemand Erfahrung damit. Auf welchem Kanal soll gestreamt werden? Was sind Konsequenzen in Bezug auf das Urheberrecht und wie sollen diese Führungen archiviert werden? Die Antworten auf all diese Fragen können wir nur nach dem Trial-and-Error-Prinzip finden. Der digitale Wandel der vergangenen Jahrzehnte zeigt sich in diesem neuen Vermittlungsformat eindrücklich: Wäre für ein vergleichbares Vorhaben noch bis in die 1990er Jahre ein TV-Übertragungswagen samt Ton, Kamera und Moderation notwendig gewesen, reichen jetzt ein Smartphone und ein Streamingdienst. Der letzte Stream – als Video on demand untem im Blogbeitrag zu sehen – spiegelt die Experimentierfreude des Teams wider: Was sie in einer Weiterbildung zu Auftrittskompentenz gelernt haben, geben sie hier mit einem Geheimrezept und Aerobic-Instruktionen an die Aussenwelt weiter.
Der Blick aufs Nicht-Digitalisierte
Von einem unvorhergesehenen Ereignis der Gegenwart zum nächsten: «Einer meiner ersten Eindrücke als ich in der Schweiz ankomme, ist die Aufmerksamkeit und Sensibilität der Schweizer:innen für wiederverwertbare Materialien (…) und das scheinbar komplizierte Sortier- und Sammelsystem für Abfälle. Von aussen betrachtet sieht die Situation nahezu perfekt aus.» Das schreibt Liubov Dubynets, die vor dem Krieg aus der Ukraine in die Schweiz geflüchtet ist und uns vom Oktober 2022 bis Februar 2023 als Projektmitarbeiterin im Sammlungsteam unterstützt hat. Zum Abschluss ihrer Tätigkeit bei uns hat sie einen Blog-Post geschrieben – und uns mit der Themenwahl überrascht. Sind wir gar nicht so modern und digital? Sie wundert sich, warum die Zugänge für ein Bankkonto mittels fünf einzelner Briefe zugestellt werden, statt direkt in der Bank übergeben oder eben digital, per Mail zugesendet zu werden. Deswegen schaut sie sich das Ganze mal statistisch an: Öffentlichen Zahlen zufolge ist die Schweiz eines der führenden Recyclingländer der Welt. Aber sie ist auch bei der Müllmenge das drittgrößte Land Europas. Und die Schweizer:innen verbrauchen jährlich rund 190 kg Papier pro Kopf, weltweit sind es rund 57 kg.
Foto: Museum für Kommunikation, Bern.
Ob die E-Mail diesbezüglich ein absolutes Allheilmittel sein könnte? Sie spricht von ihrer Erfahrung in der Ukraine, wo kaum Briefe mit der Post verschickt werden, fast alle Kommunikationsprozesse sind digitalisiert. Sie geht dem Thema und den Zahlen weiter nach und stellt fest, dass der elektronische Brief gar nicht so fehlerfrei ist wie angenommen. Briefe stossen im Durchschnitt doppelt so viel CO2 aus wie E-Mails, vor allem des Transports wegen. Eine E-Mail ist also umweltfreundlicher, aber nur wenn sie in der gleichen Häufigkeit wie Briefe verschickt wird. Doch wir verschicken täglich zahlreiche E-Mails. Gar nicht so einfach ein Gleichgewicht zu finden!
Hier geht’s zum Blog-Post „Im Land der (Papier-)Berge“ von Liubov Dubynets.
Eigene Erfahrungen mit der digitalen Welt
Wir schliessen den Kreis vom ersten Computer der Schweiz zur neusten Computertechnologie und einem Ausblick auf einen Blog-Beitrag zur Digitalisierung, der im Herbst 2023 erscheinen wird.
NERDA ist ein Projekt bei uns im Museum, dessen primärer Antrieb die Freude an digitalen Erlebnissen und Entdeckungen ist. NERDA hat sich zum Ziel gesetzt, digitale Anwendungen erlebbar zu machen, und zwar sinnlich, zugänglich, experimentell und mit Spass, auch am Scheitern. Hauptakteurinnen des Projekts sind zwei Kommunikatorinnen. Eine davon wagt ein Experiment im Web 3.0. Wie erinnert sich eine Künstliche Intelligenz (KI) an einen ersten Kuss und auf welche Bild- und Datensätze greift sie dabei zurück? Das fragt sie sich in ihrem Blogbeitrag. Schauen Sie doch immer mal auf unserer Website und unserem MfK-Blog vorbei oder folgen Sie uns in den Sozialen Medien (@mfkbern). So erfahren Sie immer wieder das Neuste zur Digitalisierung im analogen Museum.
Gastbeitrag
Die Themen unseres Kultur-Blogs sind vielfältig – ebenso wie unsere Autor*innen. Kultur und Digitalisierung wandeln sich rasant – und das überall auf der Welt. Unsere Gastbeiträge geben Einblicke und Inspiration.
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