Wie Blogger Relations für Kulturinstitutionen funktionieren (Teil 1)
Das Thema Bloggen scheint im Kulturbereich noch immer nicht richtig angekommen zu sein. Rund 6.000 deutschsprachigen Museen stehen aktuell 97 Museums-Blogs (Stand 15. Dezember 2015) gegenüber. »Eine unglaublich schwindend geringe Zahl«, stellt Kulturbloggerin Tanja auf ihrem Blog fest. Dabei stellen Blogger eine unglaubliche Chance für Unternehmen und eben auch Kulturinstitutionen dar.
Wieso wird diese Möglichkeit oftmals nicht in Betracht gezogen? Dem wollte Alexandra (Bloggerin bei In Arcadio Ergo) auf den Grund gehen und hat zusammen mit der ICOM Österreich eine Umfrage gestartet. Obgleich die Ergebnisse nun eher dem österreichischen Raum entsprechen, kann man diese auch für die regionalen Museen anwenden, da die Situation ähnlich zu sein scheint. Tatsächlich sind rund zwei Dritteln der Kulturinstitutionen »Blogger Relations« ein Begriff und haben bereits mit Bloggern zusammengearbeitet – beispielsweise in Form von Bloggerreisen, TweetUps, Blogparaden oder bestimmten Blogger-Ausstellungen. Die häufigste Form der »Blogger Relations« geschieht jedoch immer noch durch die Einbindung in den Pressebereich sowie durch Einladung von bestimmten Presseevents. Das ist schon ein guter Grundgedanke, doch möchte ich kurz anmerken, dass Blogger keine Journalisten sind und Pressevorstellungen in den meisten Fällen unpassend wirken. Viel passender ist die exklusive Erlaubnis, bei bestimmten Events fotografieren zu dürfen, oder der Aufruf zu Instawalks und Bloggerreisen. In der vorliegenden Umfrage hat allerdings keine Institution bisher eine Bloggerreise durchgeführt, wobei gerade hierin großes Potenzial steckt.
Best Practise: die #kbreise15
Das zeigt das Beispiel der vielfältigen Blogbeiträge zur #kbreise15. Der Startschuss fiel in Karlsruhe mit einem kulinarischen Stadtrundgang. Gesättigt und glücklich – so haben es Blogger eben gern. Anschließend trafen sie sich mit dem Entwickler der »Stadtgeist Karlsruhe App« und durchliefen damit quasi eine kleine Reise zurück in der Zeit. Mit dabei war auch »Kulturtussi« Anke, die besonders von der App begeistert schien: »Schon irre, was Augmented Reality kann. Sie zeigt mir in dem Moment, wo ich vor dem Schloss stehe, wie es nach dem zweiten Weltkrieg ausgesehen hat. Man mag kaum seinen Augen trauen, wenn man jetzt die herausgeputzte Pracht sieht.«
Doch auch, was sich die Veranstalter für den letzten Tag einfallen ließen, stieß auf viel Zuspruch und Begeisterung: etwa eine Schnitzeljagd via Tablet, die als Wettbewerb gestaltet war. Eine wirklich gute Idee, um Kultur und digitale Medien sinnvoll miteinander zu verbinden. Insgesamt kamen bei dieser Bloggerreise von Karlsruhe nach Basel viele schöne Beiträge sowie Tweets zusammen. Die Blogger berichteten von ihren positiven Eindrücken zur Reise sowie dem Angebot der besuchten Museen und Treffpunkte. Sogar der SWR hat über die #kbreise15 berichtet.
Blogger Relations: oft eine Frage des Budgets
Bei Aktionen wie dieser ist es zunächst unverständlich, wieso das Angebot an Bloggerreisen und Co. so begrenzt ist. Natürlich ist alles in erster Linie eine Budgetfrage. Doch auch die Frage nach dem »Sinn« steht stets im Raum. Die Erwartungen, die an »Blogger Relations« geknüpft werden, sind groß. So liegen oftmals die Vergrößerung der Zielgruppe sowie die Reichweite im Fokus. Laut Umfrage sehen viele Institutionen auch einfach den Multiplikator-Effekt und eine Präsenz in den sozialen Netzwerken, die ohne die Kulturblogger nicht zu erreichen wäre. Sehr interessant war der Aspekt, insbesondere das jugendliche Publikum erreichen zu wollen. Nicht umsonst heißt es: »Sei da, wo deine Zielgruppe ist.« Die Jugend ist verstärkt in den sozialen Medien unterwegs, informiert sich im Netz. Genau deswegen braucht es Kulturblogger, deren Artikel über bestimmte Institutionen im Netz vorliegen und damit Aufmerksamkeit schaffen. Diese Besucher von morgen können so an das Thema Kunst herangeführt und begeistert werden.
Problematisch: der Erstkontakt
Fairerweise muss man bei der Umfrage allerdings anmerken, dass sich insgesamt nur neun Institutionen bereit erklärt haben, teilzunehmen. Das ist schade und zeigt, dass das Interesse an Kulturbloggern und »Blogger Relations« grundsätzlich wohl noch relativ gering ist. Was vielleicht auch daran liegt, dass sich viele Institutionen unsicher sind, wie sie an Blogger herantreten dürfen/können. Dabei gilt grundsätzlich: Bei einer Kontaktaufnahme auf Augenhöhe, mit gegenseitigem Respekt und Verständnis kann nichts schief gehen. Im nächsten Teil werde ich daher erklären, wie Kulturinstitutionen die ersten Schritte in Richtung »Blogger Relations« wagen können und was dabei zu beachten ist.
Denn: »Blogger Relations« zahlen sich durchaus für Kulturinstitutionen aus, wenn sie darauf ausgelegt sind, nachhaltige Beziehungen zu schaffen. Gerade Beispiele wie die #kbreise15 oder die Blogparade von Tanja zeigen, dass Kultur schon lange im Netz angekommen ist. Nun zählt, was Museen und Co. daraus machen wollen.
Yasmin Neese
Die Medienfachfrau hat unser Blog während ihrer Zeit als Digitalredakteurin bei der result gmbh bis 2017 unterstützt.
Weitere Beiträge
Liebe Yasmin !
Danke für das Erwähnen unserer Umfrage – tatsächlich würden sich gerade in Österreich noch einige Möglichkeiten anbieten – Bloggerreisen gab es unseres Wissens nach und nach der Umfrage – keine, wobei wir uns dazu noch (auch etwas kritisch) äußern werden.
Liebe Grüße aus Wien !
Alexandra
Hallo Alexandra,
das ist eigentlich sehr schade. Da ich selbst ja auch privat Bloggerin bin, muss ich sagen, dass ich mich als solche oft unterschätzt fühle. Da spreche ich jetzt frech für alle Blogger. Gerade in dem Kuktur-Bereich bieten sich Bloggerevents an. Es gibt etwas zu zeigen, zu berühren, zu erleben. Wenngleich ich kein Kulturblogger bin, bin ich der Meinung, dass sich viele Institutionen wirklich was entgehen lassen. Ich bin auf euren Bericht schon gespannt.
Liebe Grüße aus Köln
Yasmin
Liebe Yasmin,
vieln Dank für den Verweis auf die Museumsblogroll, ein neues Blog ist hinzugekommen, Nr. 98: die Museen der Stadt Nürnberg bloggen gemeinschaftlich.
Jetzt weiß ich auch endlich, wer hinter Rabenmutti steckt 😉 – herzlichen Dank für das Twitter-PingPong!
Blogger Relations ist ein leidiges Thema. Kulturinstitutionen haben die Chancen noch nicht wirklich erkannt. Gut. Der museologische Arbeitsalltag vereinnahmt und jemand, der sich darum kümmert fehlt #FragederPriorität, wenngleich es heilsame Gegenbewegungen gibt, wie zuletzt Herr Nachtigäller vom @martamuseum dazu im Blog schreibt – Lesetipp. Einige machen es gut, viele nicht.
Werde mich auch darum wieder kommen. Das Universalmuseum Joanneum hat sich in Workshops mit Bloggern zusammengesetzt, um herauszufinden, wie Blogger ticken und was sie vom Museum erwarten. Den Link dazu und zu Blogger Relations mit dem Beispiel der Schirn, die das erste Bloggertreffen in Deutschland überhaupt organisiert haben, gebe ich mal meine Auswertung dazu hier an: http://www.tanjapraske.de/2013/11/27/tipps-erfolgreiche-blogger-relations-im-kultursektor-bpbr13/
Schreibt weiter darüber – damit das Bewusstsein für Blogger Relations durchdringt und die Chancen erkannt werden. Das betrifft nicht nur Kulturinstitutionen, auch Unternehmen tun sich damit noch schwer.
Schönen Wochenstart,
Tanja Praske
Hallo Tanja,
lieben Dank für deinen Beitrag! Ich war im Urlaub, daher meine verspätete Antwort.
Ja, genau, das bin ich! Immer wieder gern zur Stelle 😉
Blogger Relations ist generell ein schwieriges Thema, in jedem Bereich. Es gibt immer Unternehmen/Institutionen, die ich quer stellen und keinen Nutzen sehen, ja. Das ist Schade. Ich kenne ja beide Seiten und muss sagen, dass es Unternehmen gibt, die die Arbeit der Blogger einfach so gar nicht wertschätzen. und manche haben einfach keine Ahnung, wie sie an Blogger herantreten können, ohne in ein Fettnäpfchen zu treten 😉
Im zweiten Teil der Reihe gehe ich daher nochmal darauf ein, wie man sich Bloggern nähern kann und welche Vorteile Kulturblogger (und natürlich auch andere) mit sich bringen.
Liebe Grüße und einen guten Start in die neue Woche,
Yasmin
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