Ein Klassiker unter Strom – „Das Cabinet des Dr. Caligari“ in der Oper am Rhein

Das Cabinet des Dr. Caligari - Karl Bartos - Auf dem Bild Filmstill aus "Das Cabinet des Dr. Caligari" Foto: Friedrich-Wilhelm-Murnau-Stiftung

Normalerweise neige ich dazu, Halloween zu ignorieren. Doch diesmal habe ich den Gruseltag mit vollem Programm zelebriert: Zuerst mit einer Vorführung des ersten Psychothrillers, der jemals auf die Leinwand gebracht wurde, und danach sogar noch mit einer Party. Ein toller Abend, auch wenn mir nicht alles gefallen hat.

Gemeinsam mit meiner Tochter und zwei Freundinnen war ich an Halloween in Düsseldorf in der Oper am Rhein zu Besuch: Es wurde der expressionistische Stummfilmklassiker „Das Cabinet des Dr. Caligari“ gezeigt, begleitet von einer neuen, eigens zum Film komponierten Musik von Karl Bartos, dem ehemaligen Kraftwerk-Mitglied. Ein spannendes Konzept – zumindest auf dem Papier.

Ein Film, der keiner Musik bedarf

„Caligari“ gehört zu den Ikonen der Filmgeschichte, ein Werk, das durch seine schrägen Kulissen, das Licht-Schatten-Spiel und seine groteske Erzählweise den Expressionismus nachdrücklich auf die Leinwand überträgt.

So sitzen beispielsweise die gezeigten städtischen Beamten auf viel zu hohen Stühlen, von denen sie auf die bittstellenden Bürger herunterschauen. Ein sehr schönes Sinnbild, das auch heute noch seine Wirkung nicht verfehlt.

Die Geschichte des Films ist eigentlich schnell erzählt: Ein verrückter Professor präsentiert auf einem Jahrmarkt einen Somnabulen, der sein ganzen Leben lang schon schläft. Der Professor allerdings kann ihn wecken und hat Macht über ihn. Mit dem Auftauchen des Somnabulen geschehen plötzlich grausame Morde in der Stadt und es stellt sich die Frage, ob und wie der Professor mit dem Namen Dr. Caligari und diese Verbrechen in Verbindung stehen.. Mehr will ich nicht verraten, denn Ihr solltet den Film unbedingt selbst schauen!

Ich hatte den Film bereits vor einigen Jahren in einem kleinen Programmkino gesehen – mit Live-Klavierbegleitung, schlicht, zurückhaltend, perfekt auf die Bilder abgestimmt. Damals war ich begeistert. Der Film hat eine unglaublich intensive Wirkung auf mich gehabt.

Das Cabinet des Dr. Caligari - Karl Bartos - Auf dem Bild Vorstellung von "Das Cabinet des Dr. Caligari" Foto: Patrick Beerhorst

Auf dem Bild: Vorstellung von „Das Cabinet des Dr. Caligari“; Foto: Patrick Beerhorst

Wenn Musik zu viel will

Ganz anders gestern. Karl Bartos hat den Film mit einem wuchtigen, durchkomponierten Klangteppich unterlegt. Seine elektronischen Klänge waren imposant, präzise, rhythmisch ausgefeilt – aber eben allgegenwärtig. Es gab keinen Moment der Zurücknahme, kein Innehalten. Statt den Film zu begleiten, hat die Musik den Film aus meiner Sicht gnadenlos überdeckt.

Die Klangkomposition arbeitete mit verschiedenen Ebenen: Neben atmosphärischer Musik wurden auch konkrete Vertonungen vorgenommen, z.B. von Schritten oder Glockengeläut. Letzteres störte mich besonders, für mich ein Sakrileg bei einem Stummfilm.

Hinzu kam die übermäßige Lautstärke, die jede visuelle Nuance in den Schatten stellte. Der Film – ein stilles, düsteres Meisterwerk – rückte teilweise regelrecht an den Rand des Geschehens.

Die eigentliche Idee, den historischen Film mit computergestützten Klängen in die Gegenwart zu übersetzen, ist für mich nicht gelungen. Das große Equipment, das auf der Bühne aufgebaut war und live von Karl Bartos und seinem Kollegen Mathias Black bedient wurde, schaffte zwar wunderbare Klang-Sphären, aber leider aus meiner Sicht auf Kosten des Seherlebnisses.

Begeisterung beim Publikum ließ uns ratlos zurück

Das Publikum reagierte mit großem Applaus, sogar mit Standing Ovation. Meine Begleitung und ich konnten diese Begeisterung nicht so ganz nachvollziehen. Ja, es war technisch brillant, modern, sehr sehr laut und ganz viel Kraftwerk. Aber es harmonierte für mich nicht mit der Wirkkraft des Films, sondern schmälerte diese.

Allerdings muss man sagen: Ein so besonderer Film wie Dr. Caligari setzt sich eigentlich immer durch. So war es trotz allem auch für uns ein unvergessener Abend und ein bleibendes Erlebnis.

Im Anschluss Party im Foyer mit DJ Robert Baumanns

Nach dem Film legte im Foyer DJ Robert Baumanns auf. Mit einem Koffer voller CDs! Sehr schön! Es war eine nette Halloween-Party, die sich da in der Oper am Rhein an die Filmvorführung anschloss. Wir jedenfalls haben noch fröhlich getanzt und viel Spaß gehabt.
Auch wenn wir von der musikalischen Umsetzung enttäuscht waren, war es ein sehr unterhaltsamer und lustiger Abend: Halloween, ein Besuch der wirklich schönen Oper Düsseldorf, eine Vorführung von Das Cabinet des Dr. Caligari und hinterher noch Dancefloor.. was will man mehr? Da kann einem eigentlich nichts die Stimmung trüben.. 😊

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Titelbild: Filmstill aus „Das Cabinet des Dr. Caligari“; Foto: Friedrich-Wilhelm-Murnau-Stiftung

Sabine Haas

Sie gründete 1994 das result Markt- und Medienforschungsinstitut, 2007 folgte eine Webagentur, im Jahr 2011 der Geschäftsbereich Beratung. Als Kennerin der alten wie auch Neuen Medien gehört sie zu den gern gesehenen Speakerinnen bei Fachveranstaltungen & Kongressen rund um das Thema "Digitaler Wandel/Medienwandel".

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