Ein Abend, der bleibt – Die fünf Leben der Irmgard Keun im D’haus Düsseldorf

Irmgard Keun sitzt im Saal und trinkt einen Sekt.

Ich bin sehr glücklich, dass meine Tochter anfängt, sich für Kunst und Kultur zu interessieren. Und wenn man jemandem Theater beibringen möchte, dann geht man am besten ins D’Haus nach Düsseldorf. Gesagt, getan, haben wir uns letzte Woche das Stück Die fünf Leben der Irmgard Keun angesehen. 

Die Geschichte: Mitreißend, traurig, lustig 

Die Geschichte der Schriftstellerin Irmgard Keun wird innerhalb eines fiktiven Szenarios eines WDR-Doku-Drehs zur Person aufgearbeitet. Das Film-Team und die beim Dreh anwesende Irmgard Keun führen anhand der einzelnen Szenen durch das Wirken und Leben der Schriftstellerin. Als vor dem dritten Reich erfolgreiche Schriftstellerin wurden ihre Werke in der Nazi-Zeit verboten. Die gebürtige Berlinerin lebte zeitweise im Exil in Belgien und den Niederlanden, bevor sie schließlich in ihre Heimat nach Köln zurückkehrte. Wir werden episodisch mitgenommen in Geschichten über verworrene Liebschaften, Alkoholsucht und Psychiatrieaufenthalte. Die fünf Leben der Irmgard Keun lassen den Zuschauer im abrupten Wechsel alle Gefühlslagen durchleben. Irmgard Keun ist lustig und schlagfertig, aber auch verzweifelt und verbittert. 

Die fünf Leben der Irmgard Keun von Lutz Hübner und Sarah Nemitz | Regie: Mina Salehpour | Bühne: Andrea Wagner | Kostüm: Maria Anderski | Musik: Sandro Tajouri | Licht: Jean-Mario Bessière | Dramaturgie: David Benjamin Brückel | Theaterpädagogik: Thiemo Hackel | Auf dem Bild: Claudia Hübbecker, Raphael Gehrmann | Foto: Melanie Zanin

Claudia Hübbecker in der Rolle der Irmgard Keun 

Claudia Hübbecker überzeugt auf ganzer Linie. Die starke, geistreiche Facette Irmgard Keuns nimmt man ihr ebenso ab, wie die wütende, hoffnungslose Seite. Mit süffisanter Schlagfertigkeit baut sie eine ganz besondere Nähe zum Publikum auf und zieht uns Zuschauende mühelos in ihren Bann. 

Ein Ensemble, das Geschichte lebendig macht 

Die fiktive Filmcrew  teilweise in Doppelbesetzung gespielt  besteht aus dem Regisseur (Thiemo Schwarz), den beiden Schauspielerinnen, die in der Dokumentation Keun verkörpern (Tabea Bettin, Pauline Kästner), einer Assistentin (Gesa Schermuly) und zwei Schauspielern, die die Rolle der Männer in Keuns Leben darstellen (Rainer Philippi und Raphael Gehrmann). Sie sind der Kitt, der die Geschichte zu einem Ganzen zusammenfügt, und diese Aufgabe meistern sie hervorragend.

Die fünf Leben der Irmgard Keun von Lutz Hübner und Sarah Nemitz | Regie: Mina Salehpour | Bühne: Andrea Wagner |Kostüm: Maria Anderski | Musik: Sandro Tajouri | Licht: Jean-Mario Bessière  Dramaturgie: David Benjamin Brückel | Theaterpädagogik: Thiemo Hackel | Auf dem Bild: Tabea Bettin, Raphael Gehrmann, Gesa Schermuly, Pauline Kästner | Foto: Melanie Zanin

Hautnahes musikalisches Erlebnis 

Auf der Bühne sitzt eine Musikgruppe, die die Zuschauer musikalisch durch die unterschiedlichen Stationen des bewegten Lebens der Keun begleitet. Unauffällig und doch präsent ist die Untermalung ein Highlight des Stückes. 

Mittendrin im Geschehen statt nur dabei   

Wer diese außergewöhnliche Aufführung besuchen will – was ich wärmstens empfehle –, sollte ab hier besser nicht weiterlesen und sich überraschen lassen. 

Denn in dem Stück sitzt das Publikum auf der Bühne. Schon der Weg zu den Plätzen durch das Hinterhaus vorbei an Bühnenbildern anderer Stücke, Garderoben und Technik ist ein Erlebnis. Auf der Bühne angekommen erlauben im Kreis angeordnete Drehstühle dem Publikum, die durch die Reihen laufenden Schauspieler zu verfolgen und im Blick zu behalten. Zuschauer heißen Zuschauer, weil sie normalerweise nur zuschauen. In diesem Stück wird diese Perspektive aber auf den Kopf gestellt. Die Zuschauerinnen und Zuschauer befinden sich mitten im Geschehen. Die Schauspieler sind zum Greifen nah. So bewegt wie das Leben der Irmgard Keun geht es auch mit dem und um das Publikum zu. Man bekommt alles geboten, was Bühne kann. Es regnet, es bewegt sich, es gibt Licht und Schatten. Kurz gesagt: Es ist ein echtes Bühnenerlebnis! 

Ein Abend der absoluten Extraklasse 

Ich kann den Besuch des Stückes Die fünf Leben der Irmgard Keun uneingeschränkt empfehlen. Es war ein Genuss, eine so liebevoll und mitreißend inszenierte Lebensgeschichte erzählt zu bekommen. 

Mehr zum Stück sowie weitere Termine unter: 

Die fünf Leben der Irmgard Keun | D’haus – Düsseldorfer Schauspielhaus 

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Zurzeit sind online nur noch Karten für den 01. Januar 2025 erhältlich. 

Tinka Rohlfing

Ohne Musik geht es bei der Psychologin nicht. Von Heavy-Metal über Rock und Pop bis hin zu Oper und Klassik, für sie darf immer etwas Musik in der Luft liegen. Sie lässt sich gerne Geschichten erzähle. Von Büchern, Theaterstücken oder Filmen.

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