Wunderbarer Klavierabend mit Grigory Sokolov

Als „Gott des Klaviers“ ist Grigory Sokolov auch bekannt, er gehört zu den bedeutendsten Pianisten der Gegenwart. Umso größer die Freude, dass ein solches Talent an einem Pfingstmontag in der Kölner Philharmonie ein Konzert spielt – das wollte ich mir auf keinen Fall entgehen lassen. Auf der Webseite der Philharmonie heißt es, Grigory Sokolov spielt auf seinen Konzerten meist ganze sechs Zugaben und hat so die Zahl Sechs zu einem Gütesiegel klassischer Konzerte gemacht. Soll es auch an diesem Konzertabend wieder soweit sein?
Festliche Stimmung an einem sommerlichen Tag
Als ich an diesem sonnigen Tag gegen halb acht am Eingang der Kölner Philharmonie ankomme, kommt sofort eine festliche Stimmung auf. Viele der Besucher*innen haben sich richtig in Schale geworfen, die Vorfreude und Spannung auf das Konzert ist deutlich spürbar. Und das aus gutem Grund: gespielt werden soll an diesem Abend eine Kombination aus Purcell und Mozart.
Nachdem ich ein Programmheft ergattert und meinen Platz im Konzertsaal gefunden habe, bin auch ich sehr gespannt auf die Darbietung des Ausnahmepianisten. Es ist das erste Mal, dass ich Grigory Sokolov live erleben darf. Der im Jahr 1950 geborene Pianist wird an diesem Abend auf einem großen Flügel spielen, welcher sich auf der ansonsten komplett leeren Konzertbühne der Philharmonie befindet. Pünktlich um acht Uhr wird das Licht gedimmt und Sokolov betritt den Konzertsaal.
Erfüllende Klaviermelodien mit Werken von Henry Purcell
Die ersten Klaviertöne erfüllen leise und dann zunehmend kraftvoll den Raum. Sie gehören zu dem Werk „Ground in Gamut“ des Komponisten Henry Purcell (1659-1695), welches von Grigory Sokolov gefühlvoll interpretiert wird. In den ersten 40 Minuten des Konzerts werden neun Werke des bereits mit Mitte 30 verstorbenen Komponisten gespielt. Henry Purcell galt auch als „Shakespeare der Musik“ und hat in seinen Kompositionen vielfältige Formen und Gegensätze vereint: Liebe und Tod, Hingabe und Melancholie oder auch Schönheit und Vergänglichkeit.
Diese Gegensätze werden im weiteren Verlauf des ersten Konzertteils deutlich spürbar. Nachdem zu Beginn bereits leise und kraftvolle Töne im Wechsel zu hören waren, vermitteln auch die weiteren Stücke wechselnde Stimmungen: Es wird romantisch, dann wieder kraftvoll und energisch, sehr fröhlich und wiederum melancholisch und nachdenklich. Da die Werke fast ohne Unterbrechung ineinander übergehend gespielt werden, ist es für mich dennoch schwer, dem genauen Ablauf der neun gespielten Stücke zu folgen. Dem Konzertgenuss schadet dies aber keinesfalls. Sokolovs Interpretationen sind beeindruckend – und zugleich wirklich entspannend. Zur Pause erhält der russisch-spanische Pianist einen langen und kräftigen Applaus.
Fröhlich-romantische Klänge von Wolfgang Amadeus Mozart
Der zweite Teil des Konzerts ist dem populären Komponisten Wolfgang Amadeus Mozart (1756-1791) gewidmet. Zwei Werke aus seinem Repertoire wird Grigory Sokolov spielen: die „Klaviersonate KV 333“ und „Adagio KV 540“. Mit dem Start des ersten Stücks kehrt in den Konzertsaal wieder völlige Stille ein – die Besucher*innen lauschen gespannt Sokolovs Darbietung. Schnell wird klar, dass sich die Musiksprache deutlich von der des ersten Teils unterscheidet. Die in Linz komponierte „Sonate KV 333“ lässt eine sehr fröhliche Stimmung aufkommen und bringt den wunderschönen Klang des Flügels noch einmal mehr zur Geltung. Doch auch hier finden sich unterschiedliche Facetten. So wechselt die Sonate von sehr fröhlichen hin zu romantischen Klängen, um anschließend wieder ausgesprochen schwungvoll zu werden. Und dann wird es auch mit Mozart und dem zweiten Stück „Adagio KV 540“ noch einmal etwas melancholisch.
Toll finde ich, dass mit den poetischen Interpretationen von Grigory Sokolov nicht nur unterschiedliche Stimmungen vermittelt, sondern den Zuhörenden richtige kleine Geschichten erzählt werden. So kann jede*r mit ein bisschen Fantasie in eigene Sphären eintauchen und sich durch die Klaviermusik inspirieren lassen. Am Ende des zweiten Konzertteils danken die Besucher*innen dem Pianisten mit Standing Ovations.
Sechs Zugaben in der Kölner Philharmonie
Nachdem der offizielle Teil des Abends pünktlich sein Ende gefunden hat, schlägt die Stunde der Wahrheit. Wird es wirklich sechs Zugaben geben? Ja! Grigory Sokolov wird nicht müde, sich bei anhaltendem Applaus immer wieder zu verneigen, den Konzertsaal zu verlassen, um dann wieder zu kommen und sich erneut an den Flügel zu setzen. Die gewählten Stücke seiner Zugaben sind dabei ebenso vielfältig wie die vorausgegangenen. Gespielt werden Werke von Frédéric Chopin, Sergej Rachmaninow und Jean-Philippe Rameau. Ein langer und beeindruckender Klavierabend. 😊
Vielen Dank!
Sonja Kluft
Die Online-Redakteurin und Geografin mit den Schwerpunkten Stadt, Gesellschaft und Kultur liebt es, Stadtgeschichten und Kulturorte zu erkunden. Im Kultur-Blog verknüpft sie beides, gerne auch mit der digitalen Komponente.
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